LiamDucray
  Epik: Der Monsterschiss
 

Der Monsterschiss

eine schonungslose Begegnung mit der Scheiße


08:30
Ich kann es spüren: es drückt, es drückt phänomenal. Angstschweiß sammelt sich beständig zwischen meinem Sitzfleisch. Mir ist unwohl. Der Darmausgang steht bereits einen Spalt weit offen. Doch ich halte an, ja, ich bin stark, ich halte an – schon seit Tagen!

09:30
Die zyklischen Krämpfe in meinem Unterleib werden im Stundentakt massiver. Es pocht in meinem Zwölffingerdarm, ich kann es deutlich spüren, es pocht. Mir ist kotzübel, doch ich halte an, ja, ich bin knallhart, mehr als das: ich bin urknallhart! Ich halte an, kneife das Loch zu, eine Stunde schaff ich noch.

10:32
Jetzt geht es mir an die Reserven: im Beckenbereich häufen sich die spastischen Vorfälle. Ich atme schwer. Aufrecht sitzen ist vorbei. Ich liege flach, als läge ich in Wehen – ach was! – ich liege in Wehen! Der Bauch ist kugelrund, mir rinnt die modrige Flüssigkeit aus dem Arsch, bald geht es los. Die Aufregung ist kaum auszuhalten. Bald werde ich den satanischen Kot gebären, bald, sehr bald.

11:04
Es ist soweit, ich kann nicht mehr. Der jüngste Sahne-Fruchtjoghurt war in Wirklichkeit eine Panzerbrigade aus dem Weltall – und die sind jetzt iiin miiiiir. Meine Analregion verzerrt sich zu einem grotesken Bühnenspiel, zu abstrakter Kunst, zu Theologie! Ich kauere über den dreckigen Boden, und kann es spüren, es ist tief in mir, ich spüre es, das Schwarze Loch, es verdichtet sich, jetzt geht's rund.

11:07
Mit letzter Kraft robbe ich zum Badezimmer. Der bevorstehende fäkale Atomschlag bereitet mir panische Angst, ich winsele, doch es gibt nun kein Zurück mehr.
Streng in meinem Fokus liegt die blitzblank polierte Marmorschüssel: ich robbe, Meter um Meter, ich robbe, wie Rambo durch den südkoreanischen Djungel (falls da mal einer war), ich robbe, es tut weh, doch ich bin hart, ich robbe, das hier ist Vietnam, doch ich bin hart +1, ich robbe, für den König!

11:49
Endlich! – der Checkpoint ist erreicht! Ich ziehe mich an der schon Wochen vorher von mir taktisch nach unten ausgerichteten Klobrille hinauf, hoch auf den Thron, den heiligen Gral! Jeder Millimeter nach oben ist ein in sich selbst implodierendes Voodoo-Ritual, ein goldener Schnitt durch alleingelassene Antimaterie, ein mathematisch unmöglicher kalter Krieg, der sich selbst die Wurzel zieht.

11:50
Mir droht völlig die Kontrolle über meinen gesamten Körper zu entgleiten. Doch ich darf jetzt nicht abstürzen! So weit schaffe ich es kein zweites Mal! Meine Hände krallen sich am Abflussrohr fest, meine Zähne knirschen, mein Gesicht ist völlig entstellt. In wild reißenden Strömen sickert das Arschwasser an meinen Schenkeln herunter. Es ist kalt, so bitterkalt. Ich zittere, ich bibbere, ich winsele, ich sitze, MARIA! - ich sitze!

11:55
Und jetzt souverän bleiben. Ganz cool. So cool wie auch Chuck Norris in solch einer apokalyptischen Situation bleiben würde. Okay, Regel Nummer eins: Gefechtsposition einnehmen. Die Ellenbogen auf die Knie, und die Fäuste in die Wangen stemmen. Sehr gut. Regel Nummer zwo: Atmung kontrollieren. Durch die Nase rein, durch den Mund wieder raus, vier Sekunden Pause, und Wiederholung. Jawoll, das klappt. Regel Nummer drei: Leg ein Ei.

11:58
Verdammt, dafür bin ich nicht ausgebildet! Schöne Scheiße hab ich mir da eingebrockt! Okay, überlegen … was würde Chuck Norris jetzt tun?
Mhh… Chuck Norris täte einen Roundhouse-Kick, der alle Gegner in einem Wimpernschlag zu Boden zwänge. Verdammt. Das schaff ich nur noch postmortal! Okay, was würde Clint Eastwoo-oh-ooh nein, es drückt, da, ich kann es spüren, es drückt, ich kann es spüren, es drückt, ich kann mein Requiem hören, es drückt, heilige Banane – gib mir Kraft, es drüüückt!

12:02
Hey! Ruhig Brauner! Haltung bewahren. Jetzt geht es um alles – alles oder nix. Ich bin bereit. So möge denn die Scheiße aus mir weichen. Contenance!
Ich bin bereit, zum Äußersten bereit. Mir ist schlecht, ich schwitze, meine Extremitäten sind wie Pudding. Ich habe Angst, doch ich bin bereit!
Mein After ist wie ein Atomkrater geweitet, ich bin bereit, ahh, jetzt, da kommt was, mein Atem stockt, das sind die Vorboten! Uuuh! Aaaah! Mein Krampf! Aaaaaaaahh!!!

12:05
Autsch, das war massiv. Ich kneife den After zu, lockere meinen Körper, versuche ihn auf ein Minimum der Entspannung zurück zu fahren. Das Atmen setzt wieder ein, ich schnaufe einmal tief durch, schaue schräg unter mich in die Schüssel und:
Heilige Kakophonie! Ein Knoddel! Nur ein winziger pechschwarzer Knoddel. Eine Handvoll kontaminierter Antimaterie, erbarmungslos zu einem eisernen Stück Exkrement verdichtet. Und es gibt noch mehr davon … da in meinem Körper – dort hat sich dieses Monstrum eingenistet.

12:13
Es drückt erneut, ich kann es spüren, meine Glieder verkrampfen, es drückt, meine Augen treten hervor, da kommt wieder was, der Atem rasselt, es drückt, da kommt was, aaah … es drückt, aaah … verdammt, aaah … nein! –
NEIN! Es steckt fest! Verdammt noch mal, die Scheiße steckt fest! Aaaaahh! Hektisch zupfe ich am Klopapier. Mein Unterleib ist nunmehr vollständig taub. Ich balle das Papier um meine Hand und versuche damit ein Fragment der stecken gebliebene Dunkelmaterie aus meinem Anus zu entfernen. Ich greife zu, schabe, kratze, rubbele.

12:17
Es funktioniert. Sehr gut. Ich kratze die Kacke einfach Stück für Stück aus mir heraus. Hervorragend. Es geht vorwärts. Noch ein bisschen drücken, und abschaben, und drücken, und abschaben. Phänomenal.
Mein pseudo-operatives Unterfangen verlangt mir gerade so viel Konzentration ab, dass mich der brachiale Schmerz an, in und um meinen Darm nicht gänzlich von der Schüssel haut. Millimeter um Millimeter kann ich mich mit dieser Strategie voran arbeiten.
Der Prozess nimmt einige Minuten in Anspruch …

18:30
Ich bin auf einmal so müde. Draußen ist es schon dunkel geworden. Doch meine Hand arbeitet unermüdlich wie der Bohrer in einem Erdstollen. Meter um Meter wird das braune Geröll aus dem Gang abgetragen. Ich stelle mir vor, welche Lieder sie wohl Untertage singen.
Spontan stimme ich Xavier Naidoo an: Dieser Weg … wird kein leichter sein … dieser Weg … wird … steinig … und … schwer …

18:56
Urplötzlich fährt milde Entspannung durch meinen Körper. Die Atmung pendelt sich wieder in einem konstanten Zyklus ein. Das Zittern lässt nach, der Puls vibriert allmählich wieder in einem stabilen Takt. Die beißenden Schmerzen verklingen langsam aus meinem Korpus, so als ginge eine bombastische Arie jäh zu Ende. Mein gesamter Körper fühlt sich erleichtert an.
So erleichtert, dass ich vor Siegesfreude laut lachen muss. Ich fühle mich wie ein Superheld, wische mir den Schweiß aus meinem glühenden Gesicht und beschmiere es zugleich versehentlich mit dem Kot, der sich beim Kratzen und Schaben an meinen Händen angesammelt hatte. Doch das ist mir jetzt egal, ich bin so stolz auf mich.

19:00
Ich schaue gediegen nach unten: Der Inhalt der Marmorschüssel unter mir ähnelt einem barbarischen Schlachtfeld, das in einer Woge der Zeitlosigkeit entartet dort zurückgelassen wurde. Das mit Kot befleckte Papier stapelt sich zu einer unheiligen Pyramide hoch hinauf zu meinen Pobacken. Wenn ich mich bewege, dann kitzelt es an selbigen. Ein tolles Gefühl. Ich beschließe spontan, die Nacht auf dem Klo zu verbringen, und lasse mein Hinterteil im sanften Boogie hin und her schwingen.


 
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© 2012 - 2020 Liam Dûcray
 
 
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